13.02.2012

Valentinstag: zwischen Kitsch und Blumenkommerz

Alle Jahre wieder am 14. Februar gehen tausende herzförmige Hoya kerii, Orchideen und Minirosen über die Ladentheken. Oft geraten diese grünen Valentins – Liebesbeweise dann an Menschen, die eigentlich keine Ahnung haben, was die Pflanzen brauchen oder wie man sie pflegt. Und so welken die "romantischen Geschenke" nur wenig später unter widrigsten Bedingungen vor sich hin und landen spätestens an Ostern auf dem Kompost. Schade. Dann doch lieber Pralinen schenken, einen Kinobesuch oder ein Sektfrühstück....

Dass die Valentinstags – Arrangements oft eine geringe Haltbarkeit haben, liegt aber nur in manchen Fällen an den Blumenbesitzern. Manchmal haben diese Valentinstags – Pflänzchen schon von der Floristikbranche aus schlechte Startbedingungen. Unter totaler Missachtung der Bedürfnisse der Pflanzen wird da in engen Töpfen und mit falschen Kulturbedingungen dekoriert, arrangiert und ruiniert. Ein Beispiel dafür ist mir heute untergekommen. Oft sind Pflanzen zum Valentinstag gar garstig verpackt und aufgemacht, wie diese Phalaenopsis – Hybride, die ich gerade aus dem Baumarkt gerettet habe: Sie schwimmt in quitschigen, nassen Gelkügelchen, in das Glasgefäß ist dazu noch eine Lichterkette integriert, die die Pflanze selbst nicht illuminiert und auch bei friedliebenden Menschen durch ihr Geflimmere Tendenzen zum Amoklauf auslöst. Die Wurzeln der kleinen Orchidee stehen durch die wasserspeichernden Gelkügelchen viel zu nass, es haben sich Algen und Moose gebildet. Als Sofortmaßnahme habe ich die Orchidee vom Sphagnum befreit – die Wurzeln waren schon zu zwei Dritteln abgefault, auch wenn die Blüte noch hüsch erscheint.


Song: Send me no Flowers von Doris Day aus dem gleichnamigen Film.

Das arme kleine Mängelexemplar aus dem Baumarkt hat mich ganze zwei Euro gekostet. Dazu gabs zwei Batterien, eine Glasröhre, in die man vielleicht irgendwas etwas anderes pflanzen kann und eine Lichterkette, die sich sicherlich auf der nächsten Bad Taste Party gewinnbringend einsetzen lässt. Und eine Portion gutes Pflanzenkarma als Sahnehäubchen. Morgen wird sie in richtiges Orchideensubstrat gesetzt. Meine gute Tat zum Valentinstag.

Herzchen – Hoyas : Hoya kerrii
Ein weiterer Klassiker zum Valentinstag ist die Hoya kerrii – ein einzelnes herzförmiges Blatt, das in bunten Töpfchen verkauft wird. Oh, wie romantisch, eine Pflanze die aussieht wie ein kleines Herz? Von wegen! Perfiderweise werden diese Einblatt – Hoyas extra am Wachsen gehindert, damit das "Herz" möglichst lange unverändert im Topf stehen bleiben kann. Die Wurzeln der Pflanze sind eng in ein Holzstück eingezwängt, das direkt um den Wachstumsknoten fest gezurrt wird, damit keine Seitentriebe entstehen können. Wer solch eine Einblatt–Hoya zum Wachsen bringen möchte, muss sehr, sehr viel Geduld haben. Als Sofortmaßnahme sollte man die Pflanze austopfen und das Holzstück um die Wurzeln vorsichtig und vollständig entfernen. Dann die Pflanze in lockeres Substrat aus Erde, Perelite, Ton und Pinienrinde setzen und erst mal sehr vorsichtg gießen, am Besten nur ansprühen. Da Hoya-Stecklinge eigentlich ein Rankenstück brauchen, um richtig wachsen zu können, wird auch unter besten Bedingungen manchmal aus den Einblättern nichts. In einem Forum habe ich den Vorschlag gelesen, so eine Pflanze wie einen Bonsai von Generation zu Generation weiter zu vererben, damit sie vielleicht für die Enkelkinder austreibt. Eine süße Idee, wie ich finde. Meine Hoya kerrii steht in einer hellen Ecke und wird ab und zu mal angesprüht und lieb gehabt. Ich mag sie eigentlich sehr gern, denn ich habe Hoffnung dass sie irgendwann so aussehen wird:

Urheber: Hobbykafe, CC Lizenz hier klicken


Einen kleinen Appell möchte ich noch loswerden: Um Pflanzen muss man sich kümmern, damit sie richtig gedeihen. Und wer keinen Bezug zu Pflanzen hat, dem sollte man auch am Valentinstag keine Blümchen aufdrücken. Schenkt der Herzdame (oder dem Herzbuben)  doch lieber ein nettes Schmuckstück oder führt ihn/sie zum Essen aus. Das ist auch romantisch. Und am Ende landet nichts auf dem Kompost.
Weitere interessante Gedanken zur Hoya kerii gibt's im Cactusblog von Ulrich Haage.


Diesen Artikel widme ich F.Z, weil er mir das ganze Jahr über Pflanzen schenkt, nicht nur am Valentinstag. Besonders nicht am Valentinstag :)

 

5 Kommentare:

  1. Oh wie Schön!
    Eine Warnlampe für die Beziehungsbaustelle.

    Gelkugeln- ich dachte immer das wären Glasmurmeln.
    Wieder was gelernt
    Ob man damit was Interessantes machen kann? Oder ist das nur Deko-Pofelkram?

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  2. Warnlampe? Beziehungsbaustelle? Touché, treffend formuliert, lieber Anonym :) Ich habs auch für Glas gehalten. Besagte Kügelchen sind vorhin wie Flummis durch meine Küche gehopst und fühlen sich an wie Wackelpudding. Was die Weiterverwertung angeht, bin ich offen für Vorschläge.

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    1. Die Wasserspeicher-Gelkügelchen kann man wiederverwenden. Einfach wieder in Wasser legen und sie saugen sie wieder voll.
      Kann man auch anstatt Blumenwasser für Sträuße verwenden.

      Zum Thema Warnblinker-Orchidee:
      Wer denkt sich denn so einen Mist aus?

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  3. Ja, Blumenkommerz führt bei Pflanzenliebhabern oft zu Kopfschütteln! Jedes Jahr zu Weihnachten werden zahlreiche Kakteen mit Plastikaugen und einer Weihnachtsmütze, die mit einem Draht, der in das Wachstumszentrum gesteckt wird, befestigt wird angeboten und als Wegwerfware behandelt…

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  4. Echt gut, mehr muss man dazu gar nicht sagen.

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