24.02.2012

Sorgenkind Puna bonniae - wie winterhart sind Kakteen?

Echinocereus triglochidiatus
Es wird wieder wärmer, Zeit für eine kleine Bestandsaufnahme bei den winterharten Kakteen. Immer wieder ernte ich erstaunte Blicke, wenn ich "Normalos", die nicht dem Kakteenfieber verfallen sind, erzähle, dass ich einen Balkonkasten voller Kakteen habe. Für viele Leute ist es komplett neu, dass es Kakteen gibt, die auch winterliche Temperaturen und mitteleuropäischen Frost aushalten können. Wenn man bedenkt, wie kalt es an Naturstandorten wie der Atacama-Wüste in  Chile (- 15 Grad!) werden kann und dass selbst an der kanadischen Grenze in den Rocky Mountains noch Kakteen wachsen, ist das aber gar nicht mehr so überraschend.

Wie packt so ein winterharter Kaktus eigentlich die Minusgrade, die wir in letzter Zeit hatten? Was ist eigentlich frostfest bei Kakteen? Das hab ich mich schon länger gefragt.... Bei meinen Opuntien und Echinocereen scheint auch die heftige Kälte bis -18 Grad keine Verluste verursacht zu haben, auch die Escobarien sehen gut aus, selbst der ganz schmale Pterocactus valentinii mit den lustigen Rübenwurzeln sieht noch fit aus. Genau wird mans wohl erst im März wissen, wenn man wieder vorsichtig mit Gießen anfängt. Aber das erste Durchfrieren und Auftauen scheinen sie ja alle ganz gut gepackt zu haben.


Kein Wasser im Winter!
Beim Überwintern von winterharten Kakteen ist es sehr wichtig, konsequent von Oktober bis März nicht zu gießen. So können die Zellen der Kakteen den Druck aushalten und ausgleichen. Friert ein gegossener Kaktus durch, platzt er nämlich einfach auf, da Eis bekanntlich ein größeres Volumen hat als Wasser. Eischrumpeln- einfrieren - wieder auftauen. Ganz schön heftig, was so ein winterharter Kaktus mitmachen muss. Als die kleinen bei Minus 10 bis 18 Grad komplett eingefroren sind, bin ich echt ins Grübeln gekommen. Jetzt sieht aber alles wieder sehr gut aus. Schrumpelig, aber lebendig...
Opuntie




Agave utahensis




Escobaria snedii









  






Sorgen macht mir nur meine Puna bonniae. Eigentlich ist sie auch unter harten Bedingungen groß geworden, die stammt nämlich wie der Rest meiner Winterharten vom Kaktusmichi aus dem Chiemgau, wo es deutlich kälter wird als in Tübingen am Neckar, wo meine Kakteen zuhause sind. Weil ich zu den Winterbedingungen von Puna bonniae in Netz und Literatur keine eindeutigen Informationen finden konnte, habe ich einige Kakteengärtner gefragt, die mir alle bestätigt haben dass auch die Puna im Winter draußen bleiben kann. Aber jetzt fühlt sich der Kaktus leider schon ziemlich weich an. Fazit: mehr als Minus zehn über einen längeren Zeitraum verträgt Puna Bonniae wohl doch nicht. Wie traurig. Ich behalt's im Auge und berichte, wie es dem kleinen Matschkandidaten weiter ergeht.

Andererseits bin ich bei meiner Recherche auch auf dieses schöne Foto von Punas im Schnee (Bild: Thomas Müller) gestoßen, also geb ich die Hoffnung noch nicht ganz auf... Vielleicht liest hier ein Kakteengärtner mit ganz viel Erfahrungen zu Puna rein und kann mir ein paar Tipps geben?

20.02.2012

Heute mal kein Kaktus: Online-Aktion Bäume pflanzen!

Ein kleiner Exkurs aus gegebenem Anlass: Wir Hobbygärtner und Pflanzenfreunde sind uns bewusst, dass die Umwelt unser kostbarstes Gut ist und wir gut auf unsere Wälder aufpassen müssen. Auch unser täglicher Stromverbrauch im Internet produziert aber Co2 und belastet damit die Umwelt - eine Tatsache die man gerne mal vergisst. Die Organisation I plant a Tree bietet in Kooperation mit dem Software Hersteller ITSTH momentan eine tolle Aktion an: Für jeden Blogartikel zu dem Thema wird ein Baum gepflanzt und Projekte zur Wiederaufforstung der Wälder in Deutschland werden unterstützt. Also Blogger ran an die Tastaturen! Anmelden könnt Ihr Euch hier, das Ganze dauert nur fünf Minuten. Ich schreibe übrigens gerade auf Akku :)

Man kann sich bei der Aktion sogar den Baum aussuchen, den man pflanzen möchte. Ich habe mich für eine Robinie entschieden:

Mein Blog hat eine Robinie gepflanzt.

Noch ein Tipp für meine Tübinger Leser: Wir sind ja schon ein grünes Städtchen, aber ein bisschen mehr persönliches Engagement vor der eigenen Haustür - oder an der eigenen Glühbirne- geht immer. Deshalb bin ich auch letztes Jahr auf Ökostrom umgestiegen. Für alle Tübinger gibt es auf der Homepage der Stadtwerke Tübingen die Möglichkeit, sich ganz einfach online umzumelden. Das geht sogar in der Mittagspause! Das Wenige, was es im Jahr mehr kostet, kann man reinholen, indem man sich abends im Sommer mal mit Freunden auf ein Bierchen in den Park setzt, anstatt in die Kneipe oder in den Biergarten zu gehen. Da kann man sogar Frisbee spielen oder Slackliner beobachten.

Hinweis für die Kakteengärtner: Tipps zu stromsparenden Anzuchtlampen werden in Kürze einen eigenen Artikel hier im Blog bekommen.

Hier könnt ihr auch als Nicht-Blogger Bäume online pflanzen und sponsern:
Bäume pflanzen mit I Plant A Tree

18.02.2012

Stapelien – nicht ganz von dieser Welt

Stapelia desmetiana
Urheber Fred Zimt
CC-Lizenz: hier!
Ein paar der interessantesten sukkulenten Pflanzen, die mir in letzter Zeit begegnet sind, sind zweifellos Stapelien. Erinnert Ihr euch noch an Kinderserien wie Schlupp vom grünen Stern oder die Maus auf dem Mars? Ich finde, Stapelien würde ganz gut auf einen dieser Phantasieplaneten passen. Sie sehen etwas außerirdisch aus und man traut Ihnen nicht recht über den Weg, mit ihren wuscheligen, dicken Blüten, ihrem gezackten Wuchs und ihrem durchdringeden Geruch, den man tatsächlich nur als Aroma "tote Katze" charakterisieren kann. Von dieser wenig ansprechenden Duftnote kommt auch der volkstümliche Name Aasblume. Natürlich riecht die Pflanze nicht umsonst so: Stapelien locken mit dem Geruch Fliegen an, die die Blüten bestäuben.

Standort
Knospe Stapelia desmetiana
Urheber Fred Zimt
CC-Lizenz: hier!


Stapelien sind in der afrikanischen Steppe zuhause, wo sie ganze Flächen bedecken können. Deshalb mögen sie es auch bei uns hell und trocken. Wichtig ist die richtige Erde: Stapelien brauchen mineralisches Substrat mit viel Bims, Perlite und Ton, das schnell wieder abtrocknen kann. Meinen Steckling der Stapelia grandiflora staue ich im Sommer alle 2 Wochen an, d.h. ich stelle den gesamten Topf ins Wasser bis sich das Substrat vollgesogen hat, dann lasse ich den Rest abtropfen. Die Aasblume bekommt erst wieder Wasser, wenn das Substrat vollständig trocken ist. Unsere Aussaat von Stapelien war übrigens erstaunlich erfolgreich, es wachsen derzeit 18 kleine Stapelia desmetiana unter der Anzuchtlampe. Bei Stapelia gigantea war die Keimquote nicht so gigantisch, aber immerhin drei haben sich gezeigt:

Stapelia desmetiana
Stapelia gigantea











 Kurzer Ausflug in die Botanik

nahe Verwandtschaft:Orbea variegata
Stapelien gehören zur Familie der Seidenpflanzengewächse oder Asclepiadoideae, also ganz grob zum gleichen Clan wie die Leuchterblume Ceropegia oder die Wachsblume Hoya. Eine Pflanzenfamilie mit besonders schönen und spannenden Mitgliedern, die mich sehr fasziniert und über die hier sicher in Zukunft noch einiges zu lesen sein wird. Zur näheren Verwandtschaft der Stapelien gehören auch Huernia , Caralluma und Orbea . Die Unterscheidung ist für den Laien und Liebhaber nicht ganz einfach und gute Informationsseiten und Bücher über Stapelia und co. sind rar gesät.  Ich habe deshalb mal versucht, das Wenige was ich aus den Weiten des Internet, dem "Illustrated Handbook of Succulent Plants" und durch eigene Beobachtung raus finden konnte, in einen Überblick zu packen, der allerdings nur eine kleine Einstiegshilfe sein soll. Ich bin keine Botanikerin und würde mich über fundiertes Feedback und Informationsmaterial zum Thema sehr freuen.

  • Stapelia: Blüte: große Einzelblüten, lange gerade Petalen. Pflanze: Leicht samtige Oberfläche
  • Huernia: Blüte: oft kleinere Blüten, Verdickung um das Blüteninnere Pflanze: viele Spitzen
  • Caralluma: Blüte: oft mehrere, kleinere Blüten, Pflanze: oft grau und gefleckt
  • Orbea: Blüte: kleinere, stärker gerundete Blütenblätter als Stapelia. Pflanze: Oberfläche glatt.

Eine sensationelle Bildersammlung nicht nur zu Stapelien findet Ihr auf der Fotogalerie des Asclepidariums. Bücher über Stapelien habe ich außer dem Lexikon " Asclepiadaceae" von Focke Albers und Ulrich Meve leider bisher nicht entdecken können, würde mich aber sehr über Tipps freuen.

Wunschliste
Da ich mich brennend für Stapelia und co. interessiere suche ich immer wieder Stecklinge. Besonders würde ich mich derzeit über Caralluma europaea und Huernia oculata freuen. Solltet Ihr da etwas tauschen oder verkaufen wollen, schickt mir eine Mail an
kamama [@] cactus-practice.com

13.02.2012

Valentinstag: zwischen Kitsch und Blumenkommerz

Alle Jahre wieder am 14. Februar gehen tausende herzförmige Hoya kerii, Orchideen und Minirosen über die Ladentheken. Oft geraten diese grünen Valentins – Liebesbeweise dann an Menschen, die eigentlich keine Ahnung haben, was die Pflanzen brauchen oder wie man sie pflegt. Und so welken die "romantischen Geschenke" nur wenig später unter widrigsten Bedingungen vor sich hin und landen spätestens an Ostern auf dem Kompost. Schade. Dann doch lieber Pralinen schenken, einen Kinobesuch oder ein Sektfrühstück....

Dass die Valentinstags – Arrangements oft eine geringe Haltbarkeit haben, liegt aber nur in manchen Fällen an den Blumenbesitzern. Manchmal haben diese Valentinstags – Pflänzchen schon von der Floristikbranche aus schlechte Startbedingungen. Unter totaler Missachtung der Bedürfnisse der Pflanzen wird da in engen Töpfen und mit falschen Kulturbedingungen dekoriert, arrangiert und ruiniert. Ein Beispiel dafür ist mir heute untergekommen. Oft sind Pflanzen zum Valentinstag gar garstig verpackt und aufgemacht, wie diese Phalaenopsis – Hybride, die ich gerade aus dem Baumarkt gerettet habe: Sie schwimmt in quitschigen, nassen Gelkügelchen, in das Glasgefäß ist dazu noch eine Lichterkette integriert, die die Pflanze selbst nicht illuminiert und auch bei friedliebenden Menschen durch ihr Geflimmere Tendenzen zum Amoklauf auslöst. Die Wurzeln der kleinen Orchidee stehen durch die wasserspeichernden Gelkügelchen viel zu nass, es haben sich Algen und Moose gebildet. Als Sofortmaßnahme habe ich die Orchidee vom Sphagnum befreit – die Wurzeln waren schon zu zwei Dritteln abgefault, auch wenn die Blüte noch hüsch erscheint.


Song: Send me no Flowers von Doris Day aus dem gleichnamigen Film.

Das arme kleine Mängelexemplar aus dem Baumarkt hat mich ganze zwei Euro gekostet. Dazu gabs zwei Batterien, eine Glasröhre, in die man vielleicht irgendwas etwas anderes pflanzen kann und eine Lichterkette, die sich sicherlich auf der nächsten Bad Taste Party gewinnbringend einsetzen lässt. Und eine Portion gutes Pflanzenkarma als Sahnehäubchen. Morgen wird sie in richtiges Orchideensubstrat gesetzt. Meine gute Tat zum Valentinstag.

Herzchen – Hoyas : Hoya kerrii
Ein weiterer Klassiker zum Valentinstag ist die Hoya kerrii – ein einzelnes herzförmiges Blatt, das in bunten Töpfchen verkauft wird. Oh, wie romantisch, eine Pflanze die aussieht wie ein kleines Herz? Von wegen! Perfiderweise werden diese Einblatt – Hoyas extra am Wachsen gehindert, damit das "Herz" möglichst lange unverändert im Topf stehen bleiben kann. Die Wurzeln der Pflanze sind eng in ein Holzstück eingezwängt, das direkt um den Wachstumsknoten fest gezurrt wird, damit keine Seitentriebe entstehen können. Wer solch eine Einblatt–Hoya zum Wachsen bringen möchte, muss sehr, sehr viel Geduld haben. Als Sofortmaßnahme sollte man die Pflanze austopfen und das Holzstück um die Wurzeln vorsichtig und vollständig entfernen. Dann die Pflanze in lockeres Substrat aus Erde, Perelite, Ton und Pinienrinde setzen und erst mal sehr vorsichtg gießen, am Besten nur ansprühen. Da Hoya-Stecklinge eigentlich ein Rankenstück brauchen, um richtig wachsen zu können, wird auch unter besten Bedingungen manchmal aus den Einblättern nichts. In einem Forum habe ich den Vorschlag gelesen, so eine Pflanze wie einen Bonsai von Generation zu Generation weiter zu vererben, damit sie vielleicht für die Enkelkinder austreibt. Eine süße Idee, wie ich finde. Meine Hoya kerrii steht in einer hellen Ecke und wird ab und zu mal angesprüht und lieb gehabt. Ich mag sie eigentlich sehr gern, denn ich habe Hoffnung dass sie irgendwann so aussehen wird:

Urheber: Hobbykafe, CC Lizenz hier klicken


Einen kleinen Appell möchte ich noch loswerden: Um Pflanzen muss man sich kümmern, damit sie richtig gedeihen. Und wer keinen Bezug zu Pflanzen hat, dem sollte man auch am Valentinstag keine Blümchen aufdrücken. Schenkt der Herzdame (oder dem Herzbuben)  doch lieber ein nettes Schmuckstück oder führt ihn/sie zum Essen aus. Das ist auch romantisch. Und am Ende landet nichts auf dem Kompost.
Weitere interessante Gedanken zur Hoya kerii gibt's im Cactusblog von Ulrich Haage.


Diesen Artikel widme ich F.Z, weil er mir das ganze Jahr über Pflanzen schenkt, nicht nur am Valentinstag. Besonders nicht am Valentinstag :)

 

10.02.2012

Keine Orchidee: Ledebouria socialis

Heute möchte ich mal eine meiner Lieblingspflanzen vorstellen: Ledebouria socialis, auch bekannt als Scilla violaceae. Diese schöne und recht anspruchslose Zimmerpflanze gehört auch wegen der getigerten, glänzenden Blätter mit zu meinen ganz besonderen Lieblingen. Die Blattzeichnung und die schmalen, lanzenförmigen Blätter und die dunkelroten Zwiebeln lassen dieses exotische Gewächs richtig wild aussehen. Wie viele meiner Lieblingspflanzen mit sukkulenten Eigenschaften stammt auch die Ledebouria aus dem warmen Südafrika und hat es daher gerne sonnig und trocken. Ledebouria socialis gehört zu den Hyazintengewächsen und vermehrt sich sehr schnell durch neue Zwiebeln.

Pflege: Die Ledebouria socialis braucht mineralisches Substrat, das schnell abtrocknen kann und einen hellen Standort. Ca. alle 10 Tage wird sie durch Anstauen gewässert. Dann ist Pause, bis das Substrat vollständig abgetrocknet ist. Alle vier Wochen bekommt sie etwas Kakteendünger, zwischendurch sprühe ich sie ab und zu an. Sie ist ein Winterblüher, meine steht jetzt gerade in voller Blüte. So unscheinbar die Blüten auch auf den ersten Blick erscheinen mögen, sind sie sehr filigran und hübsch, wenn man genauer hinsieht:


Verwechslungsgefahr: Ledebouria socialis und Paphiopedilum liemianum
Im Pflanzenreich hat die hübsche Ledebouria socialis einen Doppelgänger namens Paphiopedilum liemianum. Die aus Sumatra stammende Erdorchidee ist hierzulande auch als Frauenschuh bekannt. Wenn sie nicht gerade in Blüte stehen, sind die Ledebouria socialis und die Orchidee Paphiopedilum liemianum tatsächlich kaum zu unterscheiden, da die Blattzeichnung sehr ähnlich ist. Der spektakulär blühende Regenwaldbewohner hat allerdings etwas breitere Blätter als die Ledebouria socialis. Gerade bei Jungpflanzen ist das recht leicht zu verwechseln. Schön sind sie beide allemal!

Paphiopedilum liemianum
Foto: Dalton Holland Baptista
Lizenz: GFDL

Ledebouria socialis